Was ist Kunststoff eigentlich?

Wie der Begriff Kunststoff schon vermuten lässt, ist Kunststoff ein Stoff, der künstlich hergestellt wurde. Es handelt sich dabei um technisch hergestellte polymere Festkörper, die meist synthetisch aus organischen Monomeren (das sind die Grundbausteine des Polymers) hergestellt werden. Vorbilder der technischen Herstellung von künstlichen Polymeren waren in der Natur vorkommende Biopolymere. Das Cellulose-Polymer, das Pflanzen zu ihrer Stabilität verhilft, wird beispielsweise durch Photosynthese aus Glucose-Monomeren hergestellt. Haare und Wolle sind beispielsweise von Menschen und Tieren aus Eiweiss-Bausteinen hergestellte Protein-Polymere.

Die Themen im Überblick:

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Produktionslinie – viele blaue Plastikflaschenverschlüsse fallen vom Förderband in einer Fabrik.

Die Geschichte des Kunststoffs

Der Kunststoff, mit dem Mitte des 19. Jahrhunderts der Siegeszug des Plastiks in unserem Alltag begann, war künstlich gehärteter Naturkautschuk, aus dem Tabakpfeifen, Klaviertasten und Teile der ersten Telefone hergestellt wurden. Im späteren 19. Jahrhundert ging die Kunststoffentwicklung, beispielsweise mit Celluloid, rasant weiter, obwohl man seinerzeit noch nicht viel über die Strukturen von polymeren Materialien wusste.

Als Begründer der Polymerchemie gilt der Chemiker Hermann Staudinger. Bereits 1917 äusserte er vor der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft, dass «hochmolekulare Verbindungen» aus fest miteinander verbundenen Molekülen mit langen Ketten bestehen. Im Jahr 1953 erhielt Staudinger für seine Forschungen den Nobel-Preis.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden viele neue Kunststoffe entwickelt. 1912 wurde ein industrielles Verfahren für die Produktion von PVC generiert. 1928 meldete Otto Röhm ein Patent für Polymethylmethacrylat an, das unter dem Handelsnamen «Plexiglas» immer noch häufig verwendet wird.

Polystyrol und Polyethylen gingen Anfang der 1930er Jahre in Produktion. In diesem Jahrzehnt wurde auch Polyamid 6.6 (Nylon) und Polyamid 6 (Perlon) entwickelt, die heutzutage noch vor allem in der Textilindustrie eingesetzt werden, aber auch das Polytetrafluorethylen (Teflon), ohne das das Kochen in antihaftbeschichteten Pfannen oder auch die schmutz- und wasserabweisende Beschichtung von Textilien nicht denkbar wären.

Anfang der 1950er Jahre entwickelte Karl Ziegler neue Verfahren zur Polymerisation. Dies war die Grundlage für die Herstellung der Kunststoffe PE (Polyethylen), PP (Polypropylen) und PS (Polystyrol). Die Produktionskosten sanken durch neue Verfahren und günstige Rohstoffe. Kunststoff wurde ein billiges Massenprodukt.

Die geschickte Hand des Bauern sammelt die kostbare Kautschukflüssigkeit aus dem Kautschukbaum, eine Symbiose zwischen Natur und menschlicher Verantwortung, Umwelt hud.

Die geschickte Hand des Bauern sammelt die kostbare Kautschukflüssigkeit aus dem Kautschukbaum, eine Symbiose zwischen Natur und menschlicher Verantwortung.

Woraus werden Kunststoffe hergestellt?

Leider ist die Rohstoffbasis der wichtigsten, in grossen Massen eingesetzten Kunststoffe (wie PE, PP, PET etc.) aus dem endlichen Rohstoff Erdöl. Es werden jedoch mittlerweile immer mehr Biokunststoffe hergestellt, die aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden und/oder biologisch abbaubar und somit kompostierbar sind. Hierzu gehören u. a. Celluloseprodukte, wie das Celluloseacetat (nicht biologisch abbaubar), PLA (Polymilchsäure) oder auch PHB, das ähnliche Eigenschaften aufweist wie PP (Polypropylen).

Das grosse Plastikmüllproblem

Die meisten Kunststoffe sind weder wasserlöslich noch biologisch abbaubar. Deshalb ist es wichtig, dass wir gebrauchte Kunststoffabfälle schonend beseitigen oder wiederverwerten.

Rücksichtslose Müllentsorgung, durch welche enorme Plastikmassen in den Weltmeeren gelandet sind, hat beispielsweise zum Phänomen des Great Pacific Garbage Patch (zu Deutsch Grosser Pazifikmüllfleck) geführt. Das unsachgemäss entsorgte Plastik wird im Meer durch Strömung und Wellen zerkleinert, von Plankton und Fischen aufgenommen und landet schliesslich mit sämtlichen angelagerten Giftstoffen und Abbauprodukten auf unseren Tellern.

Herausforderung Kunststoffentsorgung

Herausforderung Kunststoffentsorgung

Recycling

Thermoplaste sind durch Erwärmen verformbare Kunststoffe. Diese können eingeschmolzen und zu neuen Produkten geformt werden. Wichtig ist hierbei, dass die Kunststoffe sortenrein verarbeitet werden. Die Beimischung verschiedener anderer Polymere führt zu starken Qualitätsverlusten.

Durch Thermolyse (thermische Spaltung) kann man die Kunststoff-Polymere auch wieder in ihre ursprünglichen Monomere spalten. Aber auch hierbei ist es wichtig, sortenreine Polymere vorliegen zu haben. Häufigste Art des Recyclings ist die energetische Verwertung. Hierbei werden die Kunststoffe zur Energiegewinnung genutzt. Der Heizwert der Plastikabfälle entspricht ungefähr dem Wert von Steinkohle.

Ein noch vernachlässigbar geringer Teil der Kunststoffe sind biologisch abbaubar (s. a. Biokunststoff).

Welcher Kunststoff ist was?

  • PE (Polyethylen)

    PE (Polyethylen) wird für Plastikflaschen, Getränkekästen, Eimer, Schüsseln, Verpackungsfolien für CDs, Bücher und Papiertaschentücher verwendet.

  • PP (Polypropylen)

    PP (Polypropylen) ist ein sehr stabiler, mechanisch belastbarer Kunststoff, der hauptsächlich in technischen Bereichen, jedoch auch für Lebensmittelverpackungen eingesetzt wird. Im Automobil sind beispielsweise Luftfilter- und Scheinwerfergehäuse sowie Gaspedale aus PP-Kunststoff. Auch Gartenmöbel, Kunstrasen, Toilettendeckel und sterilisierbare medizinische Gegenstände werden aus PP hergestellt.

  • PVC (Polyvinylchlorid)

    PVC (Polyvinylchlorid) wird viel in der Bauindustrie eingesetzt. Bodenbeläge, Dachbahnen, Dichtungen und Abwasserrohre sind meistens aus PVC. Größter Nachteil des PVCs: Beim Verbrennen werden giftiges Chlorgas und Salzsäure frei.

  • Polystyrol

    Polystyrol, am besten bekannt als aufgeschäumtes Polystyrol unter dem Handelsnamen Styropor, wird sowohl in der Verpackungsindustrie auch als Dämmstoff eingesetzt.

  • Polyurethane (PUR)

    Polyurethane (PUR) gibt es in den unterschiedlichsten Erscheinungen: hochelastische Polyurethane geben als Elastan Kleidungsstücken eine flexible Passform. Aufgeschäumte Polyurethane sorgen in Matratzen, Autositzen und Sitzmöbeln für das bequeme Sitzen und Liegen.

  • PET (Polyethylenterephthalat)

    PET (Polyethylenterephthalat) wird meistens für Haushaltsgeräte und Computer eingesetzt. Im Maschinenbau sind häufig Zahnräder, Lager und Federn aus PET. Im Auto schützt uns der PET-Sicherheitsgurt. Auch als PET-Flaschen halten wir diesen Kunststoff häufig in Händen.

Eine Welt ohne Plastik?

Ein kurzer Blick auf mich und meinen Schreibtisch zeigt mir, dass ohne Kunststoff wenig rund um mich herum übrigbleiben würde.

  • Die alte Zinn-Uhr vor mir würde ohne ihr Kunststoff-Uhrwerk keine Zeit mehr anzeigen können.
  • Vom Telefon würden wohl nur noch ein paar Metallkabel, etwas Kupfer und vielleicht eine kleine Glasplatte (ich gehe davon aus, dass es ein Glas-Display hat, könnte aber auch Plastik sein) übrigbleiben.
  • Der PC hätte nie meine alte Schreibmaschine verdrängt.
  • Statt auf einem bequemen Schreibtischdrehsessel sässe ich auf einem Holzstuhl.
  • Meine Ordner und Kunststoffhüllen würden meine Papiere nicht ordnen.
  • Und an meinem Leib würde ich wahrscheinlich Baumwollunterwäsche, ein T-Shirt und einen Wollpullover, eine Jeans, unelastische Socken und Ledersandalen tragen. Die Kleidungsnähte wären wohl weniger stabil als gewohnt, weil sie nicht aus hochreissfestem Polyestergarn sondern aus Baumwollfaden wären.
  • Auch der Print auf meinem T-Shirt wäre nicht mehr da. Vielleicht wäre es stattdessen bestickt?
  • Meine Brille hätte keine Gläser mehr, vielleicht hätte ich einen Metallzwicker auf der Nase sitzen.

Sie können mal einen Blick in Ihr Bad oder Ihre Küche werfen. Wahrscheinlich bliebe – nachdem man sämtliche Kunststoffe entfernt hätte – auch nicht mehr viel übrig.

© industrie-produkte.ch, 29.7.2014, Autorin: Jasmin Taher, überarbeitet am 20.02.2024

Vieles rund um Kunststoff im Web

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