Verpackungen unter der Lupe: Wie entsteht eigentlich eine Kartonverpackung?

Jeden Werktag grüsst der Postbote freundlich und bringt ganz selbstverständlich einen grossen Berg Pakete aus dem In- und Ausland. In unserer globalisierten Welt bestellen wir Produkte aus der ganzen Welt. Die meisten werden durch eine robuste Kartonschachtel vor Beschädigungen geschützt. Es gibt braune, weisse, schwarze und bunt bedruckte Kartonagen als Faltschachteln, Bücherkartons, Flaschenkartons, Klappdeckschachteln oder Stülpschachteln.

Produktion von Karton

Wie entsteht eine Kartonschachtel - Herstellungsprozess

Wie werden eigentlich Kartonschachteln produziert?

Wozu dienen Verpackungen aus Karton?

Eine Kartonschachtel schützt ihr wertvolles Inneres vor Stössen, Feuchtigkeit und Druck, der durch das Stapeln der Verpackungen ausgeübt wird. Bei dicken Kartons hängt die Stabilität wesentlich von der Bauart und Beschaffenheit der Wellpappe ab.

Der Aufbau ist vergleichbar mit einem Sandwich: Zwei Papierbahnen oben und unten stabilisieren eine oder mehrere dazwischenliegende Schichten aus Wellpappe mit der entsprechenden Anzahl an Zwischendecken.

Einwellige Kartons werden für die Verpackung leichter Materialien genutzt, zweiwellige Kartons für eine mittlere bis hohe Belastung. Für Verpackungshersteller gehören Fachbegriffe wie Berstfestigkeit, Durchstosswiderstand, Kantenstauchwiderstand und Stapelbelastbarkeit zum täglichen Vokabular.

Bunt bedrucktes Verpackungsmaterial aus Karton begleitet uns auch nach dem Entfernen der ersten Kartonhülle. Meist sind die Produkte in aufwändig designte und bedruckte Schachteln mit dem Logo des Herstellers, ansprechenden Bildern, bunten Icons und viel Text verborgen. Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie eine Kartonverpackung hergestellt wird.

Zellstoff ist ein wichtiger Bestandteil im Herstellungsprozess von Kartonschachteln

Zellstoff ist ein wichtiger Bestandteil im Herstellungsprozess von Kartonschachteln

Zellstoff ist ein wichtiger Bestandteil im Herstellungsprozess von Kartonschachteln

Der aufwändige Herstellungsprozess

Die Grundbestandteile von Karton sind Holzschliff, Zellstoff und Altpapier.

Ihre Zusammensetzung ist variabel. Altpapier kann nur in begrenzter Menge zugefügt werden. Die Ursprungsfaser verkürzt sich bei jeder neuen Aufbereitung. Zu kurz kann sie keine feste Verbindung mit anderen Fasern eingehen. Dies wirkt sich nachteilig auf die Stabilität des Kartons aus. Am Besten geeignet sind Abfälle aus Kraftpapier, Papiersäcken und Pappe.

Zellstoff ist eine mit chemischen Zusätzen überwiegend aus Holz hergestellte faserige Masse. Ihr Hauptbestandteil ist Zellulose. Bei der Anwendung von sauren Verfahren entsteht Sulfit-Zellstoff v.a. für die Papierherstellung. Werden die Hackschnitzel aus Holz mit alkalischen Flüssigkeiten unter Druck gekocht, gewinnt man Sulfat-Zellstoff. Dieser sogenannte Kraftzellstoff wird für die Herstellung von Karton benötigt. Zellstoff ist frei von Lignin – dem Kittstoff der Holzfasern.

Holzschliff ist ein Gemisch aus Wasser und Fasern. Es entsteht durch das kontinuierliche Pressen entrindeten Holzes an Schleifsteine in Kombination mit Wasser. Im Unterschied zum chemischen Prozess der Zellulose-Gewinnung ist das Verfahren mechanisch.

Der professionelle Herstellungsprozess beginnt mit der Zerlegung des Zellstoffes in seine Einzelfasern.

Sie werden zu einem wässrigen Brei zermahlen. Das Altpapier wird ebenfalls vorbereitet. Es wird von Schmutz und Fremdkörpern gereinigt und mit chemischen Mitteln im Rahmen des Deinking entfärbt. Anschließend wird es in einem Gemisch aus Wasser und chemischen Zusatzstoffen aufgelöst. Die Zusammenführung der beiden Grundstoffe ergibt eine Masse. Diese wird in der Kartonmaschine auf ein Endlos-Laufband bestehend aus einem Unter- und Obersieb aufgetragen und gleichmäßig verteilt. Die Laufrichtung des Siebes bestimmt die Ausrichtung der Fasern. Durch die Entwässerung der Masse zwischen den beiden Sieben entsteht eine endlose Faserschicht. Die einzelnen Faserbahnen werden ohne Zusatz von Klebstoff nass aufeinandergespresst.

Durch das sogenannte Gautschen entstehen die Kartonschichten.

Zur Glättung und Trocknung wird die dicke Papierbahn durch Formwalzen und Trocknungszylinder geleitet. Um die Bedruckbarkeit des Rohkartons zu verbessern, veredeln ihn die Hersteller mit einem flüssigen, weissen Coating aus Kalk, Bindemitteln und Füllstoffen. In der Fachsprache wird diese Schicht als Strich bezeichnet. Nochmals erfolgt eine Walz- und Trocknungsphase. Das Produkt ist fast fertig: Mit Hilfe von Längs- und Querschneidern wird der Endloskarton in das gewollte Format zerschnitten.

Karton ist mit einem Flächengewicht von 130 bis 600 g/m² in den oberen Gewichtsklassen ein festes und flexibles Verpackungsmaterial.

Die Herstellung von Wellpappe verläuft ähnlich. Das Papier wird in der Wellpappenanlage erwärmt und befeuchtet. Im Anschluß wird es zwischen zwei Riffelwalzen unter hohem Druck geformt. Durch das Verkleben mit Papierbahnen entsteht die fertige Wellpappe in der gewünschten Stärke.

Der Lebenslauf des hochwertigen Verpackungsmaterials

Aus den Rohformaten werden durch die Weiterverarbeitung mit Schneide-, Stanz- und Klebemaschinen perfekt geformte Kartonschachteln in den unterschiedlichsten Grössen. Grafiker machen sich im Auftrag von Unternehmen viele Gedanken über das Design. Mit Verfahren wie Offset- oder Flexodirektdruck wird die Kartonschachtel mit aufwändigen Motiven verziert. Prägungen, Imprägnierungen oder Beschichtungen ziehen die Aufmerksamkeit der Käufer auf die Produkte und tragen zum Verkaufserfolg bei.

Beim Auspacken ist die sorgfältig verklebte Umverpackung im Handumdrehen entfernt. Die Kartonage wird von Plastik befreit, zerlegt und im Altpapiercontainer entsorgt.

Für die Papierindustrie besitzt Altpapier mit einem Anteil von rund 70 Prozent einen hohen Stellenwert.

Durch Recycling werden die Rohstoffe verantwortungsvoll eingesetzt.

Altpapier Wiederverwendung für Kartonschachteln

Durch Recycling werden die Rohstoffe verantwortungsvoll eingesetzt.

Kartonverpackungen aus Sicht des Umweltschutzes

Die Herstellung von Karton verbraucht hohe Mengen an Energie, Wasser, Chemikalien und Holz. Durch Recycling werden die Rohstoffe verantwortungsvoll eingesetzt. Allerdings ist der mögliche Anteil an Altpapier aufgrund der Fasereigenschaften begrenzt. Frische Bäume müssen gefällt werden, um neue Papierfasern zu gewinnen. Das Abwasser der Zellstoff- und Papierwerke ist nicht selten hoch belastet. Der Energieverbrauch für die Herstellung einer Tonne Papier aus frischen Holzfasern bewegt sich in der gleichen Grössenordnung wie der einer Tonne Stahl.

Der Umweltschutz spielt im Denken und Handeln der Papierhersteller eine grosse Rolle. Der Energiebedarf für die Herstellung sinkt.

Dennoch steigt der Gesamtbedarf, da sich die Nachfrage nach Papier, Karton und Pappe beständig erhöht. Jeder fünfte Baum weltweit wird für die Papierherstellung gefällt. Davon entfällt ein Anteil von über 50 Prozent auf Verpackungen. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Doch illegal aus Urwäldern in Russland und den Tropen geschlagenes Holz wird zu Zellstoff verarbeitet. Monokulturen aus Eukalyptus schädigen langfristig die Böden.

Durch den gezielten Kauf von Kartonagen mit einem hohen Recyclinganteil, einen sparsamen Umgang mit Kartonschachteln und die bewusste Wiederverwendung von Verpackungsmaterial lässt sich die persönliche Umweltbilanz massgeblich verbessern.

© Industrie-Produkte.ch – 6.3.2020 (ar)

Das Thema Verpackung im Web

Andreas Räber ist seit über 40 Jahren im Verkauf, Marketing und Coaching tätig. Er hat die Ausbildung zum Lebensmittelverkäufer bis hin zum Filialeiter bei einem grossen Detailhandelsunternehmen in der Schweiz sehr erfolgreich abgeschlossen. Weiter war er acht Jahre Verlagsleiter in einem CD-, Kassetten-, und Videoverlag und ist darum mit dem Thema Verpackung bestens vertraut. Mehr zum Autor auf Andreas-Räber.ch.

Andreas Räber: Redaktionelle Leitung industrie-produkte.ch

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